Nationalisten und Chauvinisten haben in der Paulskirche nichts zu suchen

13. Juni 2023

Im 175. Jahr der demokratischen Revolution von 1848/49 versammeln sich heute, am 18. Juni 2023 Vertreter der „Allgemeinen Deutschen Burschenschaft“ (ADB) in der Paulskirche, die als „Wiege der deutschen Demokratie“ gilt.

Der Frankfurter Magistrat und das gesamte ihn tragende Parteienbündnis sah sich offenbar außerstande, gegen die bevorstehende Versammlung säbelschwingender und elitär-machtorientierten Chauvis und Nationalisten in der Paulskirche angemessen und erfolgreich vorzugehen. Anstatt dafür die politische Verantwortung zu übernehmen, stellen sich nun die Parteien des Magistrats in anklagendem Ton vor die Paulskirche. Dieselben, die noch vor wenigen Tagen demonstrativ, wahrscheinlich gemeinsam mit der ADB, Beifall für die massiv antidemokratische und reaktionäre Kriminalisierung der Klimagerechtigkeitsaktivistinnen und -aktivisten der „Letzten Generation“ klatschten, demonstrieren hier gleichsam gegen sich selbst – angesichts von Nationalisten und Rechten, denen sie zuvor die Paulskirche geöffnet haben. Das ist völlig unglaubwürdig.

Wer sind die Mitglieder dieses Dachverbands und wofür stehen sie?

Die 28 Burschenschaften der ADB umfassen weniger als 4.000 Mitglieder. Die Mitgliedskorporationen sind allesamt „pflichtschlagend“ oder „fakultativ schlagend“, pflegen also das blutige Mannbarkeitsritual des Fechtens.

Gegründet 2016 nach einem fünf Jahre lang dauernden burschenschaftsinternen Streit über die Frage, ob auch Menschen mit Migrationsgeschichte Burschenschafter sein dürfen, versammeln sie sich bis heute unter dem Motto „Ehre, Freiheit, Vaterland!“

Die ADB trägt gern das Bild einer nationalkonservativen und „freiheitlichen“ Alternative zu den offen rechtsextremen Burschenschaftern der „Deutschen Burschenschaft“ vor sich her. Doch in den meisten Männerbünden der ADB, die sich hier in der Paulskirche sammeln, sind Frauen nicht zugelassen, ebensowenig Männer mit jüdischem oder islamischen Bekenntnis geschweige denn des LGBTQI-Spektrums. Stattdessen gibt es Berichte über Doppelmitgliedschaften in extrem rechten Organisationen, was, wie im Fall der Burschenschaft „Germania zu Bonn“ zum Ausschluss sogar aus der ADB führte.

Insgesamt pflegen die ADB-Korporationen ein rechtes, exklusiv ethnisch-deutsches, völkisches Milieu. Die Mitgliedschaft nach dem sogenannten „Lebensbundprinzip“ bildet Seilschaften, die weit über das Studium hinaus informelle Beziehungen in akademischen und wirtschaftlichen Kreisen der Justiz und Wissenschaft begründen.

Dies alles ist mit unserer Vorstellung von Demokratie unvereinbar. Der Nationalismus und Chauvinismus dieser Herrenmenschen, ihre intransparente und antiemanzipatorische Männerbündelei, ihre Selbstverpflichtung auf „Waffentragen“, das alles lehnen wir ab.

Wir wollen eine solidarische Gesellschaft mit gleichen Rechten und Pflichten für alle, wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der die Wurzeln des Faschismus ausgetrocknet und in der Freiheit und Gleichheit für alle unabhängig von Nationalität, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, sexueller Identität Grundlage größtmöglicher freier Entfaltung jeder und jedes Einzelnen ist.

Das ist nicht mit, sondern nur gegen die nationalistischen, patriarchalen und elitären Machtansprüche der Burschenschaften gleich welchen Dachverbands möglich.

Wir rufen die Stadtgesellschaft dazu auf:

machen wir uns ab sofort gemeinsam, solidarisch und unabhängig von Magistrat und seinen Parteien Gedanken darüber, wie wir wirksam und entschlossen verhindern können, dass sich ein solches Schauspiel jemals wiederholen kann!

VVN-BdA Frankfurt am Main
18.06.2023

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