Zehn Jahre AfD – für uns ein Grund zu protestieren

28. Januar 2023

Aufruf zur Kundgebung gegen das Jubiläum der AfD
am 6. Februar in Königstein

Seit ihrer Gründung greift die AfD unsere Grundsätze, Ziele und Überzeugungen an und stellt die Werte in Frage, für die wir stehen. Nun will sie ihr zehnjähriges Bestehen in Hessen begehen, dem Bundesland, in dem wir uns engagieren und unseren Sitz haben. Dagegen protestieren wir und rufen unsere Mitglieder, Unterstützer*innen und Mitarbeiter*innen auf zur Teilnahme an der Kundgebung gegen die AfD-Jubiläumsveranstaltung, am Montag, 6. Februar 2023, ab 16.30 Uhr in Königstein, vor dem Haus der Begegnung, Bischof-Kaller-Straße 3.

Als zivilgesellschaftliche Organisationen treten wir in unterschiedlichen Bereichen für eine demokratische, soziale, nachhaltige und den Menschenrechten verpflichtete Gesellschaft ein. In der AfD, die der Verfassungsschutz als rechtsextremen Verdachtsfall einstuft, sehen wir eine große Bedrohung für die Demokratie. Dies hat sich einmal mehr bewahrheitet, als Anfang Dezember 2022 die Umsturzpläne eines Netzwerks selbsternannter Reichsbürger aufgedeckt wurden. Bei einem der größten Anti-Terroreinsätze in der Geschichte der Bundesrepublik wurden auch drei ehemalige und aktuelle AfD-Mitglieder festgenommen, darunter eine Ex-Bundestagsabgeordnete.

Die AfD leistet Verschwörungserzählungen im Kontext der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs Vorschub und vergiftet auch im hessischen Landtag das Klima. Rechtsextremer Hass in den Parlamenten bereitet den Boden für Morde wie die in Hanau und Wolfhagen. Im kommenden Landtagswahlkampf werden wir dieser Hetze deutlich widersprechen.

Das AfD-Programm steht unseren ethischen Überzeugungen an so vielen Punkten diametral entgegen, dass hier nur einige beispielhaft genannt werden können: Die AfD ist völkisch-national und spricht großen Teilen der Bevölkerung die Zugehörigkeit zu Deutschland ab, etwa weil sie eine Migrations- oder Fluchtgeschichte haben. Sie vertritt ein rückwärtsgewandtes Frauen- und Familienbild und lehnt alle Lebensentwürfe ab, die diesem nicht entsprechen. Die Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik der AfD ist darauf ausgelegt, die ungleiche Verteilung des Reichtums noch zu verstärken und die Schwächsten unserer Gesellschaft weiter zu marginalisieren. Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel leugnet die AfD und verbreitet gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Wir treten allen Formen von Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Sexismus, Antifeminismus sowie Feindlichkeit gegenüber LGBTIQ* und Menschen mit Behinderung entschieden entgegen. Wir stehen für eine vielfältige, offene und nachhaltige Gesellschaft und werden dafür von der AfD bedrängt und angefeindet.

Das zehnjährige Bestehen der AfD werden wir nutzen, um einmal mehr unsere Werte gegen ihre Hetze zu setzen. Ihren Versuch, die Gesellschaft zu spalten, kontern wir mit einem Appell für mehr Solidarität und Zusammenhalt und freuen uns dabei über Unterstützung.

Herausgebende Organisationen in alphabetischer Reihenfolge:

agah – Landesausländerbeirat
Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Main
AWO Bezirksverband Hessen-Süd
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hessen
DGB Hessen-Thüringen
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Hessen
Landesfrauenrat Hessen
NaturFreunde Deutschlands, Landesverband Hessen
VVN-BdA, Landesvereinigung Hessen
Zentralrat der Muslime, Landesverband Hessen

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Antifaschismus und die Geschichte der VVN

28. Januar 2023

mit 
Katharina Stengel (Fritz Bauer Institut)
Cornelia Kerth (Bundesvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten)

Moderation: Veronika Duma 

Diskussionsveranstaltung
Datum: 30.01.2023
Zeit: 18:30–20:00
Ort: Cas 1.802, Campus Westend 

Der Begriff des Antifaschismus hat eine lange Geschichte und ist auch aktuell im politischen Diskurs präsent: Während die Social-Media Kampagne #DankeAntifa öffentlichkeitswirksam aufzeigt, wie Menschen in verschiedenen Kontexten rechten Kräften entgegentreten, erkannte die Berliner Finanzverwaltung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten 2019 die Gemeinnützigkeit ab. 

Doch wie kam es dazu? Wie ist die Aberkennung der Gemeinnnützuigkeit vor dem Hintergrund der Geschichte der VVN zu beurteilen? Wie hängen der Begriff des Antifaschismus und die Geschichte der VVN zusammen? Welche (erinnerungs-)politischen Funktionen hatte die VVN von den 1940er Jahren bis in die Gegenwart? Welche Rolle spielte der Kalte Krieg für den Begriff des Antifaschismus in der VVN? Welche Kontinuitäten und Brüche im politischen Diskurs lassen sich von der Gründung der Organisation bis in die Gegenwart erkennen?

Über diese Fragen diskutiert die Historikerin Katharina Stengel, die am Fritz Bauer Institut zur Geschichte der VVN forscht, mit Cornelia Kerth, der Bundesvorsitzenden der VVN-BdA.

Katharina Stengel wird in ihrem Vortrag die Gründungsphase der VVN bis in die 1960er Jahre beleuchten. Die Organisation war der größte Zusammenschluss ehemaliger NS-Verfolgter in Deutschland, in dem unterschiedliche Verfolgtengruppen ihre Ziele und Forderungen vertraten. Mit den schärfer werdenden blockpolitischen Spannungen verlor die VVN an Rückhalt in Politik und Gesellschaft. Stengel blickt sowohl auf das Selbstverständnis der Akteur*innen als auch auf Zuschreibungen und Ausschlüsse vor dem Hintergrund des Kalten Krieges. 

Anschließend wird Cornelia Kerth (per Zoom)  die aktuellen Auseinandersetzungen um den Entzug der Gemeinnützigkeit erläutern. Dabei spricht Bundesvorsitzende über die Funktion der VVN in den verschiedenen Bundesländern, über die Rolle des Verfassungsschutzes sowie über die aktuellen politischen Debatten um den Begriff des Antifaschismus in Zusammenhang mit der VVN. Zudem beleuchtet Kerth Auswirkung des Entzugs der Gemeinnützigkeit auf die Arbeit der Mitglieder.

Eine öffentliche Veranstaltung im Rahmen der Lehrveranstaltung »Antifaschismus. Geschichte, Bewegung, und Politik« an der Goethe-Universität Frankfurt. Mit freundlicher Unterstützung der Studienlounge des Historischen Seminars

Link zur LV: https://olat-ce.server.uni-frankfurt.de/…/12297961474

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Der 30. Januar 1933

27. Januar 2023

Datum und Ereignis sind bekannt:
Adolf Hitler wurde zum Reichskanzler ernannt.
Die Interpretation dieses Ereignisses ist jedoch bis heute umstritten.

Die einen nennen es Machtergreifung. Damit wird ausgedrückt, dass die Weimarer Demokratie dieses Ereignis nicht verhindern konnte; es sei „schicksalhaft“ gewesen.

Die anderen nennen es Machtübernahme. Dies ist der Versuch, den Akt der Ernennung eines Faschisten und erklärten Gegners der Weimarer Republik einigermaßen neutral zu beschreiben; Hitler übernahm die Macht, die Reichspräsident Paul von Hindenburg ihm übergab.

Wir nennen es Machtübertragung. Damit soll beschrieben werden, es handelte sich um einen bewusst herbeigeführten Akt. Denn es bedurfte einer Reihe von Vorgesprächen, Verhandlungen und großer Überzeugungskunst, diesen Akt zu vollziehen. Die NSDAP verfügte nicht über eine Mehrheit im Reichstag (bei der Reichstagswahl im November 1932 hatte die NSDAP 33,1 % der Stimmen erhalten). Damit beschreiben wir auch, die Einsetzung Adolf Hitlers als Reichskanzler war mehr als ein „normaler“, formaler demokratischer Akt. Die Ernennung zum Reichskanzler wurde von maßgeblichen Parteien des Weimarer Parlaments geduldet oder gefördert, seine Ernennung wurde aus Kreisen des deutschen Militärs sowie von einflussreichen Vertretern der Wirtschaft geduldet, gefordert oder gar gefördert.

Was bedeutet dieses Datum für Demokraten, Antifaschisten und unsere Organisation? Für die Vertreter der liberalen und bürgerlichen Demokratie bedeutet die Machtübertragung an Adolf Hitler die Bankrotterklärung der gerade mal vierzehnjährigen Demokratie der Weimarer Republik. Die repräsentative parlamentarische Demokratie war auch an ihren eigenen Maßstäben und Regeln gescheitert.

Für die parlamentarischen Vertreter der Arbeiterbewegung, also SPD und KPD und die Gewerkschaften, bedeutet die Machtübertragung an Adolf Hitler das Eingeständnis ihrer Niederlage gegenüber ihrem erklärten und tatsächlichen Hauptfeind, dem deutschen Faschismus. Die Erkenntnis, dass die Machtübertragung an Adolf Hitler auch der Zerstrittenheit und Uneinigkeit der parlamentarischen und außerparlamentarischen Arbeiterbewegung geschuldet war, wuchs mit der Stabilisierung der Macht der Nazis; sie entstand in den Zuchthäusern, Konzentrationslagern, im Widerstand und im Exil.

Für unsere Organisation, VVN – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, bedeutet die Machtübertragung an Adolf Hitler so etwas wie eine Geburtsurkunde. Kein Antifaschismus ohne Faschismus, keine Opfer ohne Täter, keine Verfolgten ohne Verfolger.

Mit welcher Brutalität die Nazis ihre Gegner vernichten und ihre erklärten Ziele mit Terror durchsetzen würden, haben viele Verfechter der Weimarer Demokratie nicht geglaubt. Das reichte von der Einschätzung, man möge die Nazis mal regieren lassen, dann würden sie sich selbst abwirtschaften, über den Versuch, durch Annäherung an die Position der Nazis Schlimmeres zu verhindern, bis dahin, die Arbeiterbewegung würde des braunen Mobs schon Herr werden. Auch wurde der Masseneinfluss der Nazis und ihrer Organisationen unterschätzt. Die Arbeiterbewegung setzte darauf, ihre guten Argumente werden die Menschen überzeugen und von den Nazis abbringen. Die KPD setzte auf ihre Mobilisierungsfähigkeit gegen die Nazis. Die bürgerlichen Parteien vertrauten auf die Macht des Wahlzettels.

Es kam anders. Keine 48 Stunden feierten die Nazis und demonstrierten ihre erworbene Macht durch Fahnenmeere und Aufmärsche, mit markanten Reden und triumphierenden Artikeln in den einschlägigen Zeitungen. Dann begann der Terror, der im faschistischen Expansionskrieg und der millionenfachen Ermordung von Menschen, überwiegend Jüdinnen und Juden, in den Konzentrations- und Vernichtungslagern mündete, also Auschwitz hervorbrachte. Am 27. Januar der Opfer der nazistischen Barbarei zu gedenken, heißt daher auch, den 30. Januar 1933 mitdenken.

Über Terror und Verbrechen des NS-Regimes zu berichten, ihn in Erinnerung zu behalten, vor den Gefahren zu mahnen und zu warnen, die Täter und Mitläufer zu benennen, der Opfer zu gedenken und die Frauen und Männer des Widerstandes zu ehren, dazu gibt es genügend Anlässe in diesem Jahr.

Plakat der VVN-BdA aus dem Jahr 1978

Es steht uns gut an, sich der Lehren zu erinnern, die Verfolgte, der Widerstand und die Anti-Hitler-Koalition spätestens ab 1945 gezogen haben. Dazu zählen:

  • Den Charakter des Faschismus an der Macht richtig zu beschreiben und ihn nie wieder zu unterschätzen.
  • Die Einheit der Arbeiterbewegung zu wahren und um sie ständig zu ringen.
  • Das Völkerrecht und die internationale Zusammenarbeit auszubauen und zu stärken.
  • Demokratie als antifaschistisch und friedliebend zu verstehen, statt Aufrüstung und einen starken Staat zu beschwören.

Abschließend bleibt, die Mahnung eines Zeitzeugen zu zitieren:

„1933 wäre verhindert worden, wenn alle Hitlergegner die Einheitsfront geschaffen hätten. Dass sie nicht zustande kam, dafür gab es für die Hitlergegner in der Generation meiner Eltern nur eine Entschuldigung: Sie hatten keine Erfahrung, was Faschismus bedeutet, wenn er einmal an der Macht ist. Aber heute haben wir diese Erfahrung … Für alle zukünftigen Generationen gibt es keine Entschuldigung mehr, wenn sie den Faschismus nicht verhindern.“

Peter Gingold, Paris – Boulevard St. Martin No. 11, Köln, 2009, S. 28f.

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Offener Stammtisch der VVN-BdA Frankfurt

24. Januar 2023

Mittwoch, 1. Februar 2023, 19 Uhr

Jeden ersten Mittwoch im Monat treffen wir uns im Club Voltaire (Kleine Hochstraße 5, 60313 Frankfurt) und freuen uns, wenn Du kommst, um einfach ins Gespräch zu kommen…

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