Rede des Kollektiv Ohne Namen

19. Juli 2021

75 Jahre VVN-BdA Rede

Als Kollektiv Ohne Namen bedanken wir uns für die Einladung, zum 75-jährigen Bestehen der VVN-BdA einen Beitrag leisten zu dürfen. Wir sind alle Teil eines über die Grenzen unserer Organisationen, Gruppen, Arbeiten, Aktionen, Personen hinweg greifenden antifaschistischen Kollektivs und durch unsere solidarische Haltung Teil der internationalen antifaschistischen Bewegung. Mit großer Trauer begehen wir den heutigen Tag im Wissen, dass eine besondere Aktivistin und Genossin heute leider nicht mehr unter uns lebt, die mit ihrem Engagement, ihrer Stimme, ihrer Haltung kompromisslos für eine Gesellschaft stand, die jedem einzelnen Menschen die Würde und Freiheit nicht nur zuspricht sondern ermöglichen soll. Sie stellte sich stets mutig gegen das gegenwärtig waltende Unrecht. Wir gedenken heute Esther Bejarano, einer großartigen Frau, die Auschwitz überlebte und uns kontinuierlich mahnte, den faschistischen Bewegungen gegenüber Widerstand zu leisten, die sich nicht zierte, den Staat und seine Mitverantwortung zu adressieren, die uns mit ihrem antifaschistischen Herz stets berührte und ermutigte nicht aufzuhören. Sie begleitete uns in unserer politischen Arbeit als Zeitzeugin, als Lehrende, als Künstlerin, die mit Microphone Mafia heute leider nicht mehr, doch auf gemeinsamen Demos und Feierlichkeiten der letzten Jahrzehnte, aufgetreten ist. Danke Esther. Wir tragen deinen Kampf gemeinsam weiter aus! Wir werden deine Arbeit stets in unserer ehren. Rest in power and peace! Die Gegenwart ist nach wie vor gezeichnet von diskriminierenden Strukturen, von einem Machtverhältnis, das die Gesellschaft trennt in wenige Ermächtigte, in viele Mittragende und viele Betroffene beziehungsweise Ohnmächtige. Die Gegenwart ist gezeichnet von kapitalistischen Eigentumsverhältnissen, die durch rassistische, sexistische und klassistische Strukturen täglich neu produziert werden. Die Unsicherheiten, die Spannungsverhältnisse und das kreierte Gegeneinander der Gegenwart ist der Nährboden für faschistische Bewegungen, nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt. Die materiellen Zwänge, die staatlichen Repressionen, die menschenunwürdigen Strukturen, erschweren all denen, die sich dagegen wehren wollen, ihren antifaschistischen Dienst für eine von Hass befreite Gesellschaft stark zu machen.

Wir stellen bewusst Zusammenhänge her zwischen rassistischen Anschlägen, wie in Hanau, Mölln, Solingen, unzähligen weiteren Anschlägen, von denen nur wenige überhaupt in die Öffentlichkeit kamen und als solche anerkannt wurden, über rassistische Polizeigewalt, wie der Alltag unserer fremdgemachten, kriminalisierten, diskriminierten Kinder und Jugendlichen in jedem Lebensbereich, bis zur kriminalisierten Seenotrettung auf dem Mittelmeer, dem Massengrab für Tausende, die vor Zuständen fliehen, die das reiche Europa mitzuverantworten hat. Wir stellen Zusammenhänge her in internationaler Solidarität mit allen Unterdrückten und bekennen uns zu dem Kampf gegen den gemeinsamen Nenner, gegen das unterdrückerische System. Wir stehen gemeinsam in unserer Haltung und bauen Hand in Hand gemeinsam auf, denn die letzten 75 Jahre eurer antifaschistischen Arbeit sind erst der Anfang! Jeder einzelne Mensch ist wichtig und wird auf diesem Weg gebraucht. Auf weitere 75 Jahre! Dankeschön!